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Marienkirche

Ein Backsteinbau ist heute für uns selbstverständlich. Als die Marienkirche im Jahr 1156 aus gebrannten Lehmziegeln errichtet wurde, war sie jedoch die erste ihrer Art nördlich der Elbe – und die erste Basilika mit einem Deckengewölbe. Den innovativen Bau beauftragte der Missionsbischof Vicelin, der zuvor schon den Anstoß gegeben hatte, auf dem Kalkberg eine Festung, die Siegesburg, zu errichten. Damit beginnt die christliche Siedlungsgeschichte Bad Segebergs.

Geschichte

Bis ins 12. Jahrhundert liegt Segeberg außerhalb des deutschen Reiches im Gebiet des slawischen Volksstammes der Wenden. Grenze ist etwas die Trave. Das Bestreben des Augustinermönches Vicelin aus Neumünster, die Slavenmission voranzutreiben, traf sich Ende der 1120er Jahre mit dem Willen des sächsischen Herzigs und neuen deutschen Kaisers Lothar von Supplinburg, seine auf Eroberung zielende Ostpolitik im Siedlungsraum der Slaven zu verstärken.

1134 treffen sich der Kaiser und Vicelin auf dem Kalkberg und beschließen, hier eine Burg (die Siegesburg) und in der Nähe des Sees eine Kirche und ein Kloster zu errichten. Der wendische Gegenschlag von 1138 vernichtet die Holzkirche; das Stift wird nach Högersdorf, auf die andere Seite der Trave, verlegt. 1156 ist die Macht der Wenden gebrochen. Der neue Graf Adolf II aus dem Geschlecht der Schauenburger, die über 350 Jahre in Holstein herrschten, holt aus seiner Heimat Kolonisten (und Mönche) ins Land. Diese bringen von der Oberwesen aus das Wissen um den romanischen Baustil mit, wie er z.B. in der Sandsteinbasilika von Lippoldsberg verwirklicht ist.

Der Backsteinbau

Um 1156 gibt es im hiesigen Raum noch keine Bautradition. Zum Aufführen eines Großbaues wie der Segeberger Kirche ist von natürlichem Baumaterial (Feldsteine) keine ausreichende Menge zu finden. Die Grundlage für den Mörtel ist der Gips vom Kalkberg. Er eignet sich auch, ihn als herausgebrochenes Gestein zu benutzen bzw. daraus Blöcke zu gießen, die auch verziert werden können. Betrachtet man, von Osten (Chorraum) kommend Pfeiler und Säulen, so erkennt man den Baufortschritt und die fortschreitende Vertrautheit in der Nutzung des bisher unbekannten Baumaterials. Ausgehend vom schlichten geläufigen Backstein, entwickelt man von Säule zu Säule neue Steinformen und macht sich allmählich frei von den gegossenen Gipsblöcken. Die letzte Säule hat ein gemauertes Kapitell. Nur das Gewölbe der Vierung ist noch ursprünglich. Die übrigen sind erneuert. Über der Orgel sehen wir allerdings bereits ein Kreuzrippengewölbe wie in der frühgotischen Johanneskapelle (nördlich vom Chorraum, wahrscheinlich Rest des Kreuzganges = Überganges zum Kloster, das nach der Reformation verfiel und abgerissen wurde).

Die in diesem Segeberger „Probebau“ gewonnenen Erkenntnisse, die das neue Baumaterial betreffen, werden dann in den Domen von Lübeck und Ratzeburg angewandt. Die vollendete Bauform im Stil reiner Romantik stammt aus den Bauten des Weserraumes (s.o.) und ist keine neue Erkenntnis. Sie musste allerdings in das neue Baumaterial übersetzt werden und wurde damit zur einer Besonderheit, die es zunächst nur in Schleswig-Holstein gab. Mit den Erkenntnissen, die beim Bau unserer Kirche gewonnen wurden, verbreitete sich die Kunst des Backsteinbaues im gesamten Ostseeraum bis ins Baltikum. Er wurde auch durch bedeutende Persönlichkeiten weitergetragen: der Segeberger Propst Dietrich wurde 1186 Bischof von Lübeck; der Mönch Meinhard von Segeberg gründete 1186 das Bistum Üxküll in Livland, das später nach Riga verlegt wurde. Der Bau der Segeberger Marienkirche war großartiger angelegt als der kleine Stützpunkt Vicelins in Neumünster oder die Bischofsbasilika in Oldenburg.

Die Gestalt der Kirche ist trotz einiger Veränderungen, die im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen wurden, bis heute im Wesentlichen bewahrt. Es fehlt die halbrunde Apsis des Chorraumes, die im dreißigjährigen Krieg bei der Zerstörung der Burg auf dem Kalkberg mitzerstört wurde (die Apsis war allerdings vor der Zerstörung dem Zeitgeschmack entsprechend inzwischen zu einem Chorraum geworden). Die Armut der Zeit des dreißigjährigen Krieges ließ es nur zu, eine gerade Wand mit all den Baumaterialien aufzuführen, die man vorfand (Back- und Feldsteine), um die offene Wunde zu schließen. Es fehlen weiterhin die Apsiden der Querarme. Ursprünglicher Backsteinfußboden ist nur an den Säulen des Nordschiffes erhalten. Die Fenster sind alle neuromanisch. Die Originalgröße könnten denen im Mittelschiff entsprechen. Wir müssen sie uns mit dunklen Glasbildern vorstellen, sodass der ganze Raum in mystischem Dunkel lag. Die alte Außenhaut ist ummauert. Aber die Gliederung mit dem Rundbogenfries entspricht der ursprünglichen Form.
Der Baueindruck im Inneren wird beherrscht von den kräftigen Pfeilern und Säulen, den schiffüberspannenden Gurten und den schmalen, der Wand anliegenden Schildbögen. Die einzelnen Joche im Langhaus (im Langhaus 6, in den Querhäusern je 1) scheinen gleichen Rang zu haben.

Ausdehnung der Kirche

ca. 50 m lang, 12 m Höhe im Mittelschiff, dort 8 m breit.

Ausstattung

Schnitzaltar: Unbekannte Werkstatt (spätgotisch, um 1515).
In der Mitte Kreuzigungsszene. Links davon sechs Szenen aus der Passion Jesu: Gefangennahme, Jesu vor Kaiphas, Geißelung, Verspottung, vor Pilatus, Jesus trägt sein Kreuz. Rechts: Kreuzabnahme, Osternacht, Jesus erscheint den Frauen und Jüngern, Himmelfahrt, Pfingsten, Jüngstes Gericht. Der Altar ist doppelt klappbar. Auf den verborgenen Flügeln insgesamt 32 barocke Bilder. Er ist ein Hauptwerk seiner Gattung im Lande. Die Predellawand dienst jetzt als Altarbild in der Johannes-Kapelle.

Bronzetaufe: 1447 von Gerd Klinge aus Bremen gegossen. Vier Geistliche als Trägerfiguren. Kreuzgruppe und Apostel an der kesselförmigen Kuppe.

Kanzel: Spätrenaissance, 1612.
Brüstung mit Reliefs: Paradies, Verkündigung, Geburt Christi, der 12-jährige Jesus im Tempel, Taufe, Aussendung der Apostel, Jüngstes Gericht, Salvator. Plattdeutsche Inschriften. Stiftung vom Amtmann Marquardt von Pentz und seiner Ehefrau.

Kruzifixus: spätgotisch um 1500

Epitaph im Südschiff von Heinrich Rantzau für seinen Großvater Gerdt Walstorp (1562)

Gedenktafel für Graf Adolf (1595)

Kronleuchter von 1754 und 1783

Orgel: urspr. Marcussen (1872/74; 6 Register erhalten), mehrere Umbauten (III, 41).